Diskusseuche

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Erfahrungen mit der "Diskusseuche"

Stand: 08.01.2000

Nachdem ich die sogenannte Diskusseuche nach 12 Jahren Diskuspflege nur aus Veröffentlichungen kannte, musste ich im Oktober 1999 selbst Bekanntschaft mit dieser Krankheit machen.

Mein Fischbestand im Schaubecken bestand zu diesem Zeitpunkt aus 6 etwa 4-Jährigen Pigeon Blood Diskusfischen, Welsen, Bol. Schmetterlingsbuntbarschen und Neonfischen. Dazu setzte ich 10 ca. 12 Wochen alte Blue Diamond- Diskusfische, die ich bei einem, wie ich glaubte, deutschen Züchter erworben hatte. Die Tiere machten einen vitalen Eindruck, Hautschäden waren nicht feststellbar. Im Becken neben den Blue Diamond schwammen 4 halbwüchsige Alenquer-Diskus, die leichte Schleimhautverdickungen aufwiesen und deren Verhalten bei genauer Beobachtung schon auf eine Erkrankung schließen ließ. Leider maß ich dieser Tatsache zu diesem Zeitpunkt keine große Bedeutung bei, zumal der Händler versicherte, er habe die Alenquer selbst gerade erworben und es würde sich um eine Begleiterscheinung des Transportes und des Umsetzens handeln. Später stellte sich dann heraus, dass dieser angebliche Züchter in Wirklichkeit überhaupt nicht züchtet, sondern die Diskus aus Asien importiert und ohne ausreichende Quarantäne weiterverkauft. Ich bin ins Gespräch gekommen mit anderen Geschädigten, die praktisch genau die gleichen Erfahrungen gemacht haben.

Beim Umsetzen der Blue Diamond in mein Schauaquarium wurden alle Vorsichtsmaßregeln beachtet, d.h. langsames Angleichen des Transportwassers an die Beckenverhältnisse, kein Transportwasser in das Aquarium usw.. Am nächsten Tag sah alles normal aus, die Tiere nahmen Nahrung auf. Am 2. Tag zeigten die Blue Diamond eine leichte Schleimhautverdickung und beginnendes Unwohlsein. Beides verstärkte sich am 3. Tag, dazu zeigten jetzt auch die Pigeon Blood deutlich ihr Unwohlsein, ohne dass man ihnen eine Veränderung der Schleimhaut ansehen konnte. Ohne die Schwere der Erkrankung zu ahnen setzte ich dem Wasser ein malachitgrünhaltiges Präparat aus dem Zoofachhandel zu.

Am 4. Tag (natürlich ein Sonntag) stellten alle Diskus die Nahrungsaufnahme vollkommen ein, soweit nicht vorher bereits geschehen. Die Pigeon Blood kauerten zusammengedrängt auf kleinstem Raum alle in einer Ecke, teilweise abgestützt auf Boden und Seitenscheibe. Nun waren bei genauer Betrachtung auch leichte Schleimhautverdickungen zu sehen. Die Blue Diamond wiesen schwere Schleimhautschäden auf, versteckten sich in den Pflanzen und machten einen apathischen Eindruck. Einen derartig schnell und dramatisch voranschreitenden Krankheitsverlauf habe ich niemals zuvor bei Fischen beobachtet. Zumindest die Pigeon Blood machten den Eindruck, kurz vor dem Tode zu stehen.

Nach Rücksprache mit dem Züchter und Studium der Fachliteratur besorgte ich über den Notdienst einer Apotheke Antibiotika (rezeptpflichtig!) und setzte sie wie folgt dem Wasser zu:

1. Furadantin retard, 1 Kapsel (Wirkstoff 100 mg Nitrofurantoin) pro 40 Liter Wasser

2. Cotrim forte-ratiopharm, 1 Tablette pro 80 Liter Wasser

und dazu noch etwa 8g/Liter Kochsalz (jodfrei) gegen parasitäre Begleiterscheinungen. Den automatischen Teilwasserwechsel stellte ich ab.

Danach verschlimmerte sich die Krankheit nicht weiter. Am 8. Tag zeigten einige Blue Diamond eine leichte Verbesserung des Verhaltens und der Schleimhaut und begannen, wenn auch sehr zögerlich, wieder mit der Nahrungsaufnahme. Dieser Trend setzte sich in den folgenden Tagen fort, während die Pigeon Blood noch keine Besserung zeigten. Am 11. Tag, d.h. besser gesagt in der Nacht, kam es zu einem Sauerstoffmangel, dessen Ursache nicht geklärt ist. Dabei starben 4 Pigeon Blood, vermutlich auch infolge des äußerst geschwächten Zustandes. Andere Fische kamen nicht zu Schaden. Ein schnell installierter Sprudelstein behob den Sauerstoffmangel innerhalb einiger Minuten.

Am 14. Tag waren die Blue Diamond wieder weitgehend gesund und die verbleibenden Pigeon Blood zeigten eine Besserung des Gesundheitszustandes. Bis zur Genesung verging allerdings eine weitere Woche.

Während der ganzen Zeit zeigten andere Fische keinerlei Krankheitsanzeichen oder Reaktionen auf Medikamente. Ein Pärchen Schmetterlingsbuntbarsche pflegte seine Brut, als sei nichts geschehen. Den wenigen Tagen alten Jungtieren schien auch der Sauerstoffmangel nichts auszumachen.

Die meisten Pflanzen wurden durch die Behandlung schwer geschädigt, vermutlich eine Folge der Salzzugabe. Über einen Zeitraum von mehr als 2 Monaten war kein Wuchs festzustellen, teilweise vermoderten die Blätter. Interessanterweise bildeten sich in dieser Zeit auch keine Algen, nicht einmal Grünalgen auf der Frontscheibe. Jetzt, nach ca. 3 Monaten kehrt der Pflanzenwuchs langsam zurück. Von den Schwimmpflanzen hat nur ein Miniexemplar auf einer Wurzel oberhalb des Wasserspiegels überlebt. Mittlerweile konnte ich sie aber schon wieder vermehren.

Mit dem zurückkehrenden Pflanzenwuchs treten z.Zt. massenhaft dunkelgrüne, harte Fadenalgen auf. Das deutet m.E. darauf hin, dass die Antibiotika das biologische Gleichgewicht vollkommen zerstört haben. In abgeschwächter Form habe ich ähnliches nach einer Totalreinigung des Biofilters erlebt. Es wird wohl noch Monate dauern, bis sich die Biologie wieder vollkommen erholt hat.

 

Fazit:

Die Medikamentenbehandlung an sich war erfolgreich. Ohne den Sauerstoffmangel hätte ich möglicherweise alle Tiere retten können. In Zukunft werde ich im Falle eines Medikamenteneinsatzes grundsätzlich einen Sprudelstein anschließen, um Sauerstoffmangel vorzubeugen. Sollte die Diskusseuche noch einmal auftreten, werde ich frühzeitiger, aber versuchsweise weniger "harte" Medikamente (z.B. Aquafuran aus dem Zoohandel) einsetzen. Salz werde ich mit Rücksicht auf die Pflanzen nicht mehr zugeben.

Neue Diskusfische werden grundsätzlich einer 4-wöchigen Quarantäne unterzogen. Dem Quarantänewasser werde ich in erheblichem Umfang Wasser aus dem Schauaquarium zusetzen, um einen potentiellen Krankheitsausbruch bereits im Quarantänebecken zu provozieren. Es darf jedoch kein Wassermolekül vom Quarantänebecken ins Schaubecken gelangen, da die Krankheit hochinfektiös ist. Wenn dann auch nach dem Zusetzen von Tieren aus dem Altbestand in das Quarantänebecken keinerlei Krankheitsanzeichen sichtbar werden, dürfen die neuen Diskusfische in Ihr neues Zuhause.

Die Krankheit scheint sehr stark in Zusammenhang zu stehen mit aus Asien importierten Diskusfischen. Daher sollten Asienimporte einer besonders sorgfältigen Quarantäne unterzogen werden. Wer das Risiko minimieren möchte, sollte deutsche bzw. europäische Nachzuchten erwerben und diesbezügliche Aussagen des "Züchters" mit kritischem Blick überprüfen. Hat der Züchter Tiere aller Größen mit einem großen Anteil Jungfischen in seiner Anlage und kann evtl. sogar Paare vorweisen, die Junge führen, wird er wohl auch selbst züchten.  

 

Eine Bitte:

Falls Sie Erfahrungen mit dem Einsatz der oben angeführten Medikamente und/ oder Kochsalz in einem bepflanzten Aquarium gemacht haben, teilen Sie mir doch bitte die Auswirkungen auf die Pflanzen per Email mit (bitte auch, wenn keine Auswirkungen zu beobachten waren).

 

Literaturempfehlung:

DiskusBrief, Heft 4/99, „Erfahrungen mit der Diskusseuche Teil 1“, Horst W. Köhler (Teil 2 angekündigt für Heft 1/00)

„Gesunde Diskus und Großcichliden“ Band 2, Dieter Untergasser, Bede Verlag




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