Einfacher Nitratfilter

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Erfahrungen mit einem selbst gebauten, biologischen Nitratfilter

Bedingt durch die Aufzucht von jungen Diskusbuntbarschen in meinem (damaligen) 680 Liter fassenden, dicht bepflanzten Wohnzimmeraquarium stieg der anfänglich niedrige Nitratgehalt auf zuletzt bis zu 80 mg/l an. Dabei war zu beobachten, dass Pflanzenblätter nicht mehr ihre ursprüngliche Größe erreichten, die Blattabstände größer wurden und manche Pflanzenarten regelrecht eingingen. Daneben traten verstärkt Pinsel-, Bart- und Blaualgen auf.

Da ich weder auf die Haltung von Diskusfischen, noch auf die Pflege etwas anspruchsvollerer Pflanzen verzichten wollte, beschloss ich einen auf die Beckengröße zugeschnittenen biologischen Nitratfilter zu konstruieren und zu bauen.

 

Auslegung

Die optimale Filterleistung eines Denitrators liegt zwischen 1/100 und 1/200 des Nettobeckeninhaltes pro Stunde. Kleinere Durchsätze sind unter Inkaufnahme einer etwas geringeren Abbauleistung möglich. Größere Leistungen sind weder erforderlich noch ratsam, da insbesondere in der Einfahrphase die Gefahr eines größeren Nitriteintrages in das Aquarium besteht.

Meine Anlage hat ohne Bodengrund, inklusive Filter einen Netto-Wasserinhalt von 660 Litern. Somit ist ein Durchsatz zwischen 660/200 = 3,3 l/h und 660/100 = 6,6 l/h anzustreben. Ich habe 5 l/h gewählt.

Für einen vollständigen Abbau des Nitrates ist eine Verweilzeit des Wassers im Filter von ca. 6 Stunden erforderlich. Daraus errechnet sich das notwendige Filtervolumen zu:

6 h x 5 l/h = 30 Liter

Ein größeres Volumen bringt keine Verbesserung.

 

Konstruktion

Als Filtergehäuse eignet sich ein handelsübliches Abwasserrohr der Nennweite 200 mm, da die Querschnittsfläche im Verhältnis zur durchströmten Länge relativ gering ist. Das Rohr ist 1 m lang und unten mit Übersteckmuffe und Blindstopfen verschlossen. Die Muffe enthält bereits 2 Gummidichtungen, trotzdem verklebe ich das Gehäuse zusätzlich. Für die wasserberührten Flächen verwende ich aquariengeeignetes Silikon, da dieses Material erwiesenermaßen ungiftig ist. Die außenliegenden Flächen werden mit PVC-Kleber ,,verschweißt", der eine hohe Festigkeit gewährleistet.

Bei allen anderen verwendeten Materialien ist zu prüfen, ob der PVC-Kleber die Oberfläche anlöst. Falls nicht, ist ein geeigneter 2-Komponentenkleber zu verwenden. Nach meinen Erfahrungen ist PVC-Kleber für die Abwasserrohre und die grüntransparenten Rohre aus dem Aquarienzubehör geeignet, für die weißen Form- und T-Stücke jedoch nicht.  

 

1   Abwasserrohr DN 200

2   Übersteckmuffe DN 200

3   Blindstopfen DN 2OO

4   Innenrohr DN 50

5   Blindstopfen DN 50

6   Eintrittsrohr DN 40

7   U-Rohr 9 mm

8   Ablaufstutzen 12 mm

9   Ablaufrohr 12 mm

10 U-Rohr 12 mm

11 ReguIierventil  9 mm

12 Zulaufschlauch 12/15 mm

13 FiltermateriaI

 

G  Gummidichtung

S  Silikonfuge

K  PVC- bzw. 2-Komp.-Kleber  

In der Mitte des Gehäuses befindet sich das ca. 115 cm lange lnnenrohr der Nennweite 50 mm, welches unten mit einem Blindstopfen verschlossen ist. Knapp oberhalb des Stopfens werden ca. 14 Bohrungen mit je 10 mm Durchmesser angebracht. Der Blindstopfen wird mit Silikon auf den Boden des Filtergehäuses geklebt.

Ca. 10 cm unterhalb des oberen Gehäuseendes wird ein Loch (Durchmesser ca. 15 mm) gebohrt und ein Schlauchverbindungsstück für 12/15 mm Schlauch eingeklebt. Innen schließt ein z.B. aus Winkelstücken zusammengesetztes U-Rohr wie ein Siphon an. Das U-Rohr verhindert Lufteinbruch und damit Sauerstoffeintrag in den Filter. Außen schließt später das waagerecht oder mit leichtem Gefälle zum Becken verlaufende Rücklaufrohr an.  

Tipp:    Kann der Filter nicht direkt neben dem Aquarium aufgestellt werden und muss die Rücklaufleitung über den Fußboden geführt werden, wird statt des Schlauchverbindungsstückes ein T-Stück so eingeklebt, dass ein Anschluss in den Filter, ein Anschluss nach unten und ein Anschluss nach oben zeigt. Innen wird das U-Rohr, unten die Rücklaufleitung angeschlossen. Oben wird ein mindestens 20 cm langes, oben offenes Rohr aufgesteckt. Dieses Rohr sorgt für eine sichere Abführung der im Filter entstehenden Gase, die sonst zu Störungen des Wasserdurchflusses und zum Überlaufen des Filters führen können.  

Dann wird das Filtermaterial eingebracht. Geeignet sind Materialien, die weder zur Verstopfung neigen noch zuviel Eigenvolumen mitbringen. Feine Filterwatte verstopft wegen der enormen Bakterienentwicklung im Filter. Steine wie Kies, Lavalit verdrängen aufgrund ihres Eigenvolumens zuviel Wasser. 

Der Wasserinhalt des Filters und damit die Verweilzeit wird dann entsprechend kürzer, der Filter müsste größer ausgelegt werden. Gut geeignet sind dagegen möglichst grobe Watte oder Filterigel. Die Watte ist locker einzubringen. Die Menge wird so bemessen, dass der Bereich unten um die Bohrungen im lnnenrohr frei bleibt, da die Bohrungen sonst verstopfen können. Ein mechanische Abtrennung dieses wattefreien Teils ist nicht erforderlich, die Watte schwimmt nach Wasserfüllung des Filters auf.  

Das obere Ende des Gehäuses wird mit einem Blindstopfen verschlossen, in den zuvor das Einlaufrohr der Nennweite 40 mm eingesetzt wurde. Das Rohr steht beiderseits etwa 15 cm über. Innen taucht es in das lnnenrohr bis unter den Wasserspiegel ein und verhindert so einen Lufteinbruch in das Gehäuse.  

Bei der Aufstellung ist die Höhe so auszurichten, dass sich der Ablaufanschluss über dem Wasserspiegel des Aquariums befindet. Der Zulaufschlauch (Dimension 9/12 mm) wird über ein Regulierventil an ein U-Rohr angeschlossen, welches in das Einlaufrohr gehängt wird. Der Denitrator arbeitet ohne eigene Filterpumpe im Bypass zum „normalen" Filtersystem. Die Zulaufleitung wird mittels T-Stück an die von der Filterpumpe zum Aquarium führende Leitung angeschlossen. Reicht der Druck nicht aus um die Wassersäule bis in den Filter zu drücken, muss die vom T-Stück zum Becken führende Leitung leicht angedrosselt werden.  

Verstopft das Filtermaterial, kann der Filter über das Innenrohr überlaufen, ohne dass Wasser nach außen tritt. Um eine Leckage auch für den relativ unwahrscheinlichen Fall einer verstopften Rücklaufleitung auszuschließen, kann an das Einlaufrohr eine Sicherheits-Überlaufleitung angeschlossen werden, die direkt zum Becken zurückführt. Ich brauche diese Leitung nicht, da ich die Leistung meiner Filterpumpe so eingestellt habe, dass bei zugehaltener Rücklaufleitung der Wasserpegel im Filter maximal bis 2 cm unter Oberkante Einlaufrohr steigt.

 

Inbetriebnahme

Ist der Filter angeschlossen und mit Wasser gefüllt, wird mittels des Regulierventils die Durchflussmenge genau eingestellt. Dazu wird das zum Becken zurücklaufende Wasser von einem Messgefäß aufgefangen und die Zeit gestoppt. Man dividiert die Zahl 3,6 durch den gewünschten Durchlauf in l/h (hier 5 l/h), multipliziert mit dem Inhalt des Messgefäßes in ml (z.B. 100 ml) und erhält die Zeit in Sekunden (hier 72 sek) in der das Gefäß voll sein muss. Die Einstellung gelingt sicher nicht beim ersten Versuch, etwas Geduld ist erforderlich. Im Zweifelsfall ist der Durchfluss lieber etwas zu klein als zu groß zu belassen.  

Nach einigen Tagen Einlaufzeit müssen die Filterbakterien mit organischem Kohlenstoff versorgt werden um den Nitratabbau überhaupt erst zu ermöglichen. Dazu verwende ich Speisestärke aus dem Lebensmittelhandel. Die Stärke wird mit einem Teelöffel über einen Trichter in das Einlaufrohr dosiert. Die benötigte Menge hängt im wesentlichen von der Durchflussmenge und vom Nitratgehalt des Aquarienwassers ab und lässt sich mit folgender Faustformel abschätzen:  

Durchflussmenge in Liter pro Stunde multipliziert mit dem Nitratgehalt in Milligramm pro Liter dividiert durch 50 ergibt die täglich benötigte Stärkemenge in Gramm.  

Bei z. B. 60 mg/I Nitratgehalt heißt das:

5 l/h x 60 mg/l / 50 = 6 g/d

Ein gestrichener Teelöffel enthält 2 - 3 Gramm Stärke

Natürlich können statt Stärke auch die Bio Nip Tabletten der Fa. Sera aus dem Zoofachhandel verwendet werden. Die Tabletten sind in der Handhabung praktischer, eine Tablette entspricht etwa einem Gramm Stärke.

Der Filter benötigt nun 2 - 3 Wochen Einfahrzeit, um korrekt zu arbeiten. In dieser Zeit können im Ablauf erhebliche Nitritgehalte auftreten. Diese sind unbedenklich, solange der Nitritgehalt im Aquarium unter 0,2 mg/l bleibt (unbedingt regelmäßig messen!). Werden mehr als 0,2 mg/l Nitrit gemessen, ist die Durchlaufleistung des Nitratfilters vorübergehend auf die Hälfte zu reduzieren.

Enthält das Ablaufwasser des Denitrators nach 3 Wochen noch mehr als 20 % des Nitratgehaltes des zulaufenden Wassers, ist die Bakterienfuttermenge zu gering oder der Durchfluss zu groß (korrekte Filterauslegung vorausgesetzt). Entströmen dem Filter oder dem Ablaufwasser unangenehme Gerüche (Schwefelwasserstoff H2S, Geruch nach faulen Eiern) ist die Futtermenge zu groß. Der Filter reduziert dann mangels Nitrat bereits Schwefelverbindungen, um den angebotenen Kohlenstoff umzusetzen. Versuchsweise kann auch die Durchflussmenge um 10 % angehoben werden.

Arbeitet der Nitratfilter korrekt, sinkt der Nitratgehalt im Becken im Verlauf der folgenden Wochen kontinuierlich. Die Bakterienfuttermenge ist dann entsprechend zu reduzieren. Wird in unserem Beispiel ein Nitratgehalt von 10 mg/l erreicht, beträgt die erforderliche Stärkemenge nur noch etwa 5 l/h x 10 mg/I / 50 = 1 g/d.

 

Betriebserfahrungen

In meinem Aquarium sank der Nitratgehalt von 80 mg/l auf 10 mg/I und darunter. Im Ablauf des Denitrators ist kein Nitrat mehr messbar (Sera Test, Messbereich 0 - 40 mg/l).

Der Pflanzenwuchs hat sich insgesamt deutlich verbessert. Tigerlotus treibt große, kurzgestielte Blätter, Cryptocorynen wachsen wieder dicht, Stengelpflanzen haben kürzere Blattabstände. Algen sind kaum noch zu sehen.

Die roten Neons, die vorher überwiegend tief im Pflanzendickicht standen, ziehen im Schwarm durch das Becken. Die Diskusbuntbarsche haben größeren Appetit und sind noch mal ein gutes Stück gewachsen.

Das Wasser hat trotz eher seltenerem Wasserwechsel seine Gelbfärbung verloren, das Becken wirkt insgesamt heller.

Der Filter hat mehrere Jahre gut funktioniert und musste nicht gereinigt werden. Allerdings wurde er zeitweise ohne Zugabe von Stärke betrieben, wenn der Nitratgehalt im Aquarium sehr niedrig war. Für bepflanzte und normal besetzte Schauaquarien stellt dieser Filter eine preisgünstige Lösung zur Entfernung des Nitrats und Senkung der Redoxspannung dar.

Die Bakterienentwicklung im Filter ist allerdings enorm, das Material "verschleimt" geradezu. Der Grad der Verschleimung hängt von der Bakterienfuttermenge und damit von Nitratanfall im Aquarium ab. Das macht diesen Filter für hochbelastete Aufzucht- und Hälterungsanlagen möglicherweise weniger geeignet. Hier ist ein mit Essigsäure betriebener Filtertyp empfehlenswerter.

 

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