Nitrat im Aquarienwasser

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Nitrat im Aquarienwasser

Bedeutung und Beeinflussung

 

Bedeutung

Zur Beurteilung der Wasserqualität in Aquarien stellt der Nitratgehalt einen aussagekräftigen Indikator dar. Ein hoher Nitratgehalt wird i.d.R. begleitet von einer hohen Redoxspannung des Wassers. Letzteres kann zu Wuchsproblemen bei den Wasserpflanzen führen und das Auftreten von Algen begünstigen. Die Wasserpflanzen haben einen größeren Lichtbedarf, neigen zu übermäßigem Längenwachstum und verlieren in den unteren, lichtärmeren Regionen die Blätter oder der Wuchs stagniert sogar völlig. Eine alleinige Steigerung der Lichtintensität zieht jedoch oft ein vermehrtes Algenwachstum nach sich. 

Bei hohem Nitratgehalt besteht die Gefahr einer unkontrollierten Reduktion zu Nitrit. Nitrit schwächt das Immunsystem und ist ein Wachstumsinhibitor. Daher erreichen die Fische bei hohem Nitratgehalt oft ihre normale Größe nicht und können anfälliger gegen jegliche Art von Krankheiten sein. 

Neuere Beobachtungen deuten darauf hin, dass ein hoher Nitratgehalt in Verbindung mit einem sehr hohen Sauerstoffgehalt möglicherweise eher von den Fischen toleriert wird und nicht zwangsläufig zu Kleinwüchsigkeit führt. Nur so ist zu erklären, dass mit überdimensionierten Rieselfiltern ausgestattete Aufzuchtanlagen trotz hohem Nitratgehalt große Fische hervorbringen können. In bepflanzten Aquarien wird ein hoher Sauerstoffgehalt in Kombination mit einem hohen Nitratgehalt zum massenhaften Auftreten von Algen und dem Verkümmern der meisten Pflanzen führen, so dass hier auf jeden Fall eine Reduzierung des Nitrats anzustreben ist. 

 

Messung und Bewertung

Zur Messung des Nitratgehaltes bietet der Zoofachhandel verschieden aufwendige Tests an. Die exakteren Tests arbeiten mit 3 Reagenzien, die einfachen enthalten in das Wasser zu tauchende Stäbchen. In beiden Fällen ist anhand eines Farbvergleichs der Nitratgehalt in mg/l ablesbar.

In Becken mit ausreichend hohem, nicht zu grobem Bodengrund (Reduktionszonen), dichter Bepflanzung und geringem Fischbesatz werden niedrige Nitratwerte von 0 -20 mg/l zu messen sein, die weitere Anstrengungen zur Nitratentfernung überflüssig machen. Werte bis 50 mg/l sind grundsätzlich noch nicht zu beanstanden, bis 100 mg/l gerade noch vertretbar, jedoch meistens schon mit Pflanzenwuchsproblemen verbunden. Werte über 100 mg/l sind auf Dauer Fischen und Pflanzen nicht zuträglich und sollten vermieden werden, entweder durch drastische Reduzierung des Fischbestandes oder durch Nitratentfernung. Bei sehr hohem Sauerstoffgehalt kann die Akzeptanzgrenze der Fische (nicht der Pflanzen) möglicherweise höher liegen. Bei niedrigerem Sauerstoffgehalt in Verbindung mit hohem Nitratgehalt droht akute Gefahr für die Fische durch die Reduktion von Nitrat zu Nitrit (giftig!).

Wasserwechsel hat leider oft nur einen geringen Einfluss auf den Nitratgehalt, da Trinkwasser nach den EG-Richtlinien schon bis zu 50 mg/l Nitrat enthalten darf und oft auch enthält. Kurze Zeit nach der (geringen) Absenkung des Nitratgehaltes durch Wasserwechsel stellt sich der alte Wert wieder ein.

 

Nitratentfernung

Als Ausweg aus dem Dilemma stehen zwei Verfahren zur Verfügung:

- die Nitratentfernung mit speziellen Harzen (lonenaustausch) und  
- die bakterielle Denitrifikation.

Ionenaustausch

Beim lonenaustausch werden mittels Ionenaustauscherharzen u. a. Nitrationen gegen Chloridionen ausgetauscht. Das gilt für Harze, die mit Kochsalzlösung regeneriert werden. Statt Nitrat konzentriert sich nun Chlorid im Aquarienwasser auf. Chlorid wird im Gegensatz zu Nitrat biologisch nicht abgebaut, so dass die elektrische Leitfähigkeit ohne obere Begrenzung stetig steigt, wenn das Chlorid nicht durch Wasserwechsel wieder entfernt wird. Da auch die Ionenzusammensetzung in für natürliche Gewässer untypischem Maße verändert wird, ist dieses Verfahren insbesondere für bepflanzte Becken wenig geeignet.

Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass es auch Nitratharze gibt, die mit Natronlauge regeneriert werden. Die Regeneration ist recht aufwändig, dafür findet keine Chloridanreicherung im Aquarienwasser statt. Erfahrungen mit dieser Art von Ionenaustausch liegen mir nicht vor.

Denitrifikation

Zur Betrachtung der bakteriellen Denitrifikation sind einige Vorkenntnisse über die Arbeitsweise von Filterbakterien erforderlich:

Nitrat entsteht in erster Linie durch bakterielle Oxidation von Stoffwechselprodukten der Fische in den Schritten:  

- Eiweiß (enthalten im Fischfutter)  
- Aminosäuren
- Ammonium (NH4, Pflanzennährstoff) und/oder bei hohen pH-Werten Ammoniak (NH3, sehr giftig)  
- Nitrit (N02, giftig)  
- Nitrat (N03, gilt als ungiftig, wird aber in höheren Konzentrationen auch gefährlich)

Dieser Vorgang läuft unter Verbrauch von Sauerstoff hauptsächlich im Filter, jedoch auch im Becken selbst ab.  

Eine andere Bakterienart verarbeitet die kohlenstoffhaltigen, organischen Verbindungen (z.B. Kohlenhydrate) ebenfalls unter Verbrauch von Sauerstoff zu Kohlendioxid (C02) und Wasser (H20). Diese Bakterien sind in der Lage auch chemisch gebundenen Sauerstoff zu verwenden, wenn der freie Sauerstoff im Wasser erschöpft ist. Unter sauerstoffarmen Bedingungen (weniger als ca. 1 - 1,5 mg 02/l Wasser) und in Anwesenheit von genügend organischem Kohlenstoff entnehmen diese Bakterien ihren lebensnotwendigen Sauerstoff den stickstoffhaltigen Verbindungen (Nitrat, Nitrit) und reduzieren diese in den Schritten Nitrat (N03) - Nitrit (N02) - Stickstoff (N2).

Stickstoff ist ein Gas und entweicht an die Atmosphäre, die ohnehin zu 79 % aus N2 besteht. Nitrat wird ersatzlos aus dem Wasser entfernt. Den Vorgang nennt man bakterielle Denitrifikation. Diesen Reinigungsprozess durchläuft auch das Grundwasser in der Natur. Er erfolgt in unterschiedlichem Umfang auch im Bodengrund von Aquarien und führt dazu, dass sich ein bestimmter, beckentypischer Nitratgehalt einstellt und trotz Fütterung nicht weiter erhöht.  

 

Denitrifikationsfilter

In speziellen Filtern kann die bakterielle Denitrifikation gezielter zum Nitratabbau eingesetzt werden. In der Praxis wird von der ohnehin vorhandenen Filterpumpe ein geringer Teilstrom abgezweigt, ganz langsam durch den Nitratfilter geleitet und dem Becken wieder zugeführt. Wird der Filter zusätzlich in ausreichender Menge mit organischen Kohlenstoffverbindungen versorgt, erfolgt nach Abbau des freien Sauerstoffes die Nitratreduktion. Die organischen Kohlenstoffverbindungen müssen dem Filter in der richtigen Menge zugeführt werden, da i.d.R. das zu reinigende Wasser nicht genug davon enthält. Unter aquaristischen Bedingungen eignet sich dazu u.a. Speisestärke oder Essigsäure.

Im Zoofachhandel ist eine Filtermasse erhältlich, die bereits mit organischem Kohlenstoff beladen ist und, richtig eingesetzt, für den Zeitraum von einigen Monaten einen biologischen Nitratabbau bewirkt. Ein ,,Bio-Denitrator"-Filtersystem eines anderen Herstellers ist unbegrenzt lange einsetzbar, muss jedoch in Zeitabständen von 1 - 7 Tagen (je nach Nitratbelastung) mit Kohlenstoff in Form von Tabletten ,,angefüttert" werden. Grundsätzlich kann ein biologischer Nitratfilter auch im Selbstbau hergestellt werden. Dies lohnt sich besonders bei großen Aquarien, da viele der im Handel angebotenen Geräte auf kleinere Becken zugeschnitten sind.  

Ein regelmäßiger Teilwasserwechsel ist meiner Ansicht nach auch bei dauerhaft niedrigem Nitratgehalt dringend anzuraten. So können sich keine schwer abbaubaren Giftstoffe über längere Zeit aufkonzentrieren. Auch werden mit dem Frischwasser dringend benötigte Mineralien und Spurenelemente eingebracht.

   

Begleiterscheinungen der Denitrifikation

Biologische Nitratfilter senken die Redoxspannung des Wassers. D. h. die Fähigkeit des Wassers, seine lnhaltsstoffe zu oxidieren, nimmt ab. Stoffe wie Ammonium, Eisen, Mangan usw. bleiben in größerem Umfang als Pflanzennährstoffe erhalten und werden nicht so schnell zu wasserunlöslichen oder für die Pflanzen nicht verwertbaren Formen aufoxidiert. Das ist der eigentliche Grund für die pflanzenwuchsfördernde und algenhemmende Wirkung eines Denitrifikationsfilters. Und damit ist auch klar, dass ein mechanischer Nitratfilter (Ionenaustauscherharze) in einem bepflanzten Becken nicht den gleichen Effekt haben kann.

Weiterhin wird der pH-Wert stabilisiert. Bei der Nitrifikation, genauer bei der Umwandlung von Ammonium zu Nitrit, werden Hydrionen (H3O+) frei. Wenn diese Hydrionen nicht durch einen Puffer (die Karbonathärte) abgefangen werden, wirken sie als Säure. Dies ist am sinkenden pH-Wert bei eingefahrenen Aquarien sehr gut zu beobachten. Bei fehlender Karbonathärte kann der pH-Wert unter 3 abfallen (Säuresturz). Durch biologische Nitratentfernung werden die säurebildenden Ionen neutralisiert und die Karbonathärte bleibt erhalten. Hört sich kompliziert an, bedeutet aber nur: Mittels biologischer Denitrifikation bleibt der pH-Wert dauerhaft stabil, der sonst beobachtete Abfall findet nicht statt.

Neben Nitrat verschwindet auch die Gelbfärbung des Wassers. Der Effekt ist vergleichbar mit der Filterung über Aktivkohle.

Zu beachten ist noch, dass das aus dem Nitratfilter ablaufende Wasser nahezu sauerstofffrei ist und den Sauerstoffgehalt des Aquariums gefährlich herunterdrücken kann. Hier ist ggf. durch entsprechende Belüftung oder Wasserbewegung (besonders nachts!) ein Ausgleich zu schaffen.

Die Senkung der Redoxspannung und die Zufuhr von Kohlehydraten im Denitrifikationsfilter führt zu einer Erhöhung des Anteils organischer Verbindungen im Wasser. Dadurch kann sich die Keimzahl des Wassers erhöhen. Für Pflanzen und die meisten Fische mögen die organischen Verbindungen sogar erwünscht und die höhere Keimzahl kein Problem sein. Bakterienempfindliche (Jung-) Fische vertragen das möglicherweise nicht so gut. Es gibt Berichte über das Absterben von Diskusbruten (Alter wenige Tage) in Verbindung mit der Installation eines Denitrifikationsfilters, wobei Ursache und Wirkung nicht eindeutig geklärt werden konnten.

   

Zusammenfassung

Ein hoher Nitratgehalt schädigt das Immunsystem der Fische, die Folge ist eine erhöhte Anfälligkeit gegen Krankheiten. In Aquarien mit hohem Nitratgehalt ist immer auch eine hohe Redoxspannung zu beobachten. Dieses kann die Ursache für schlechten Pflanzenwuchs und massenhaftes Auftreten von Algen sein. Die biologische Denitrifikation in speziellen, extrem langsam laufenden Filtern hilft hier die Verhältnisse entscheidend zu verbessern. Neben der Nitratentfernung werden auch Pflanzennährstoffe verfügbar gehalten und die Gelbfärbung des Wassers vermindert. Die Reduzierung des Sauerstoffgehaltes und eine möglicherweise höhere Keimzahl beinhalten Risiken, die entsprechend beachtet werden sollten. Auch darf der dauerhaft niedrige Nitratgehalt nicht dazu verleiten, beim Wasserwechseln zu sparsam zu werden.

 

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